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Die dunkle Jahreszeit schlägt vielen Menschen aufs Gemüt – sie werden melancholisch, manche sogar regelrecht traurig. Sie fühlen sich schlapp und ohne Antrieb, gehen anderen Menschen aus dem Weg und ziehen sich in ihre vier Wände zurück. Anzeichen für eine Depression? Bei manchen Betroffenen offenbar ja. Sie reagieren auf die Herbst- und Wintermonate so stark, dass eine Diagnose wie die saisonal abhängige Depression (SAD), auch Winterdepression genannt, nahe liegt.

"Die saisonal abhängige Depression ist eigentlich nichts anderes als ein 'Überbleibsel' des Winterschlafs beim Menschen – der Körper geht in einen Energiesparmodus. Bloß brauchen Menschen dies heute nicht mehr", sagt Privatdozent Dr. Dieter Kunz, der Chefarzt der Klinik für Schlaf- und Chronomedizin am Berliner St. Hedwig-Krankenhaus ist.

Experte Privatdozent Dr. med. Dieter Kunz

Experte Privatdozent Dr. med. Dieter Kunz

Symptome einer Winterdepression

Die Winterdepression gilt als eine eher seltene Ausprägung der Depression. Typisch ist nicht nur, dass sie im Frühjahr verschwindet. Sie unterscheidet sich von anderen Depressionsformen zusätzlich durch drei Symptome. "Die Betroffenen schlafen mehr, sind aber trotzdem müde. Sie entwickeln einen Heißhunger auf Süßigkeiten, insbesondere auf Schokolade, und auf andere kohlenhydratreiche Lebensmittel. Und sie nehmen an Gewicht zu", erklärt Psychiater Kunz. Andere Depressionen gingen meistens mit Schlaf- und Appetitlosigkeit sowie Gewichtsverlust einher. Es ist aber auch möglich, dass die Beschwerden nicht eindeutig in eine Richtung weisen, weil eine Winterdepression und eine andere depressive Störung aufeinandertreffen.

Experte Prof. Dr. med. Helge Frieling

Experte Prof. Dr. med. Helge Frieling

Depression ärztlich untersuchen lassen

Deshalb sollten Betroffene die Ursachen von einer Ärztin oder einem Arzt abklären lassen, wenn sie Anzeichen für eine Depression bemerken. Nur so lässt sich entscheiden, welche Behandlung die richtige ist. Eine Option bei der saisonalen Depression kann eine Lichttherapie sein. "Sie wird vor allem bei leichter bis mittelschwerer Winterdepression empfohlen. Dafür ist ihre Wirksamkeit belegt. Bei anderen Depressionsformen oder einer schweren Winterdepression kommt sie zusätzlich zu einer Psychotherapie oder zu Antidepressiva zum Einsatz", sagt Professor Helge Frieling, geschäftsführender Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Untersuchungen zur Winterdepression wiederum haben ergeben: Von zehn mit einer Lichttherapie behandelten Patienten erleben sechs bis neun innerhalb von zwei bis drei Wochen eine Verbesserung ihrer Beschwerden. Die Behandlung kann, muss aber nicht helfen. Sie sollte nur nach ärztlicher Beratung gestartet und gestaltet werden. Ändert sich das Befinden nicht, sollten die Betroffenen sich erneut an ihren Psychiater oder Ihre Psychiaterin wenden.

Sehr helle Leuchte zwischen 2.500 und 10.000 Lux

Bei einer Lichttherapie im Rahmen einer Winterdepression sitzt der Patient oder die Patientin im Abstand von zirka 80 Zentimetern vor einer Leuchte, die möglichst 10.000 Lux stark sein sollte – zumindest nicht weniger als 2.500 Lux haben darf. Beides ist deutlich heller als eine normale Zimmerbeleuchtung. "Sie müssen nicht die ganze Zeit direkt in die Lampe sehen. Es reicht, wenn Sie regelmäßig in Richtung Lichtquelle schauen", erklärt Kunz. "Während der Lichttherapie können Sie ruhig frühstücken, Zeitung lesen oder etwas anderes machen."

Hintergrund

Licht steuert die Bildung der körpereigenen Hormone Melatonin und Serotonin. Durch Sonnenlicht steigt der Spiegel des "Glückshormons" Serotonin, das unter anderem positiv auf unsere Stimmung wirkt. Die Bildung des "Schlafhormons" Melatonin aus Serotonin sinkt bei Helligkeit. Darum kann Sonnenlicht – und dem Sonnenlicht ähnliches, sehr helles Kunstlicht – die Stimmung im wahrsten Wortsinne aufhellen, während Lichtmangel im Herbst und Winter auf das Gemüt schlagen kann.

Lichttherapie am besten morgens

Bei einer Dosis von 10.000 Lux reicht meist etwa eine halbe Stunde Lichttherapie am Tag. Besonders wirksam sei die Portion Kunstlicht in den Morgenstunden, sagt Kunz. Er rät, in der Zeit zwischen sieben und zehn Uhr morgens eine Lichtdusche zu nehmen. "Um vier Uhr früh zum Beispiel ist für die meisten Menschen keine gute Zeit für eine Lichttherapie, weil sie den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers in die falsche Richtung verschieben und es zu einer Art Jetlag kommen kann."

Klassischerweise wird bei einer Lichttherapie weißes Licht verwendet. "Es gibt zwar Hinweise darauf, dass auch blauweißes Licht die Stimmung positiv beeinflusst und sogar besser wirkt als weißes Licht, aber dies ist noch nicht ausreichend untersucht", sagt Kunz.

Was es zu beachten gibt

"Eine Lichttherapie ist recht gut verträglich", urteilt Frieling. Seltene Nebenwirkungen seien Kopfschmerzen, brennende oder trockene Augen sowie trockene Schleimhäute und Hautrötungen. Auch Übelkeit oder Sehstörungen treten teilweise auf."Menschen, deren Netzhaut sich schon einmal abgelöst hat, oder die an grünem Star leiden, sollten sich vor der Behandlung mit ihrem Augenarzt besprechen", rät Frieling. Außerdem sei zu bedenken, dass manche Medikamente wie Johanniskraut, ferner bestimmte Antibiotika oder Psychopharmaka die Lichtempfindlichkeit der Haut verstärkten. Auch bei bestimmten inneren Erkrankungen wie zum Beispiel Lupus erythematodes (SLE) oder Hautkrankheiten muss der Einsatz dieser Lichttherapieform vorher unbedingt mit dem Arzt oder der Ärztin abgesprochen werden.

Die Kosten für die Leuchte übernehmen gesetzliche Krankenversicherungen jedoch ebenso wenig wie für lichttherapeutische Sitzungen in einer Arztpraxis. Für andere Formen von Lichttherapie, wie zum Beispiel bei bestimmten Hautproblemen, tragen die Krankenkassen die Kosten.

Wichtiger Hinweis:

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten

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