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Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Im Jahr 2020 starben europaweit rund 92.000 Frauen daran. Aber: Wird der Krebs früh entdeckt, lässt er sich gut behandeln – je früher die Diagnose, desto geringer das Sterberisiko.

Vorteile eines Mammographie-Screenings

Dabei kommt die Mammographie ins Spiel. Bei dieser Untersuchung wird die Brust mithilfe von Röntgenstrahlen durchleuchtet, die Veränderungen im Gewebe sichtbar machen. Selbst kleine Tumore oder Vorstufen, die bei einer Tastuntersuchung nicht spürbar sind, können so auffallen.

In der Hoffnung, möglichst viele Brustkrebserkrankungen früh zu finden, haben fast alle europäischen Länder sogenannte Screening-Programme aufgesetzt. So auch Deutschland: Hier bekommen Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre eine Einladung zu einer kostenlosen Mammographie. Ab 1. Juli 2024 wird die Altersgrenze auf 75 Jahre angehoben.

Doch hierzulande nehmen nur 49 Prozent der eingeladenen Frauen das Screening in Anspruch. Die Gründe für die Nicht-Teilnahme sind vielfältig, ergab eine Befragung der Universitätsmedizin Greifswald: Viele haben bereits andere Vorsorgemaßnahmen wie die Tastuntersuchung durchführen lassen, und bezweifeln, dass die Röntgenuntersuchung zusätzliche Erkenntnisse liefert. Andere fürchten, dass die Untersuchung zu schmerzhaft ist, wieder andere können den im Einladungsschreiben genannten Termin nicht wahrnehmen. Wie hilfreich das regelmäßigen Mammographie-Screening also wirklich?

Bei etwa sechs von 1000 untersuchten Frauen wird ein Brustkrebs festgestellt, der ohne Mammographie noch nicht aufgefallen wäre. Ungefähr drei Viertel davon sind kleine Tumore unter zwei Zentimetern, die sich nicht in die Lymphknoten ausgebreitet haben und somit besonders gute Chancen auf eine Heilung haben. „Bei solchen Tumoren sind Behandlung und Operation einfacher“ erklärt Dr. Antje Lebrecht, die das Brustkrebszentrum an der Universitätsmedizin Mainz leitet. „Das bedeutet: Durch das Mammographie-Screening versterben in Deutschland weniger Frauen an Brustkrebs.“

Eine regelmäßige Mammographie wird Frauen ab 50 Jahren empfohlen um Brustkrebs im Frühstadium zu erkennen.

Was passiert bei der Mammographie?

Manche Frauen empfinden die Mammographie als unangenehm – doch sie ist zur Früherkennung von Brustkrebs sehr wichtig. Was Sie beim Screening erwartet und wie Sie sich vorbereiten. zum Artikel

Nachteile eines Mammographie-Screenings

Es ist möglich, dass im Screening ein Brustkrebs entdeckt und behandelt wird, der dieser Frau nie Probleme gemacht hätte (sogenannte Überdiagnose). „Es gibt viele verschiedene Arten von Brustkrebs – man spricht von ‚Subtypen‘“, erläutert Prof. Dr. Christiane Kuhl. Sie ist Direktorin der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Aachen. „Neben besonders aggressiven und bösartigen Tumoren gibt es den vergleichsweise verschlafenen Brustkrebs, der sich nicht wie eine bösartige Erkrankung verhält.“ Mit „verschlafen“ meint Christiane Kuhl sehr langsam wachsende Tumoren, die keine Symptome verursachen. Solche Überdiagnosen können also zu eigentlich unnötigen Behandlungen führen. Allerdings lassen sich die Erkrankungen mit den heutigen diversen Methoden gut einschätzen und die Therapie genau darauf abstimmen. Das helfe, die Folgen von Überdiagnosen zu vermeiden, so Kuhl.

Häufig sorgen sich Frauen zudem bei falsch-positiven Befunden – eine Mammographie zeigt etwas, das Krebs sein könnte, bei weiteren Untersuchungen stellt sich die Sorge aber als unbegründet heraus. Das komme zwar vor, sagt Antje Lebrecht. „Allerdings geht die Abklärung relativ rasch: Ein Ultraschall oder eine Gewebeuntersuchung können den Verdacht schnell ausräumen.“ Nehmen die Frauen regelmäßig an Screenings teil, verbessere sich zudem die Sicherheit der Diagnosen, weil die Aufnahmen mit früheren Mammographie-Bildern verglichen werden können.

Viel problematischer findet Christiane Kuhl die „Unterdiagnosen“: Tumore, die beim Screening nicht auffallen. „Vor allem bei dichtem Brustgewebe entdeckt die Mammographie die Erkrankungen selten“, so Kuhl. „Gleichzeitig haben genau diese Frauen ein höheres Risiko für Brustkrebs.“ Viel sinnvoller – und sogar kosteneffizienter – sei bei ihnen eine Magnetresonanztomografie (MRT), sagen Kuhl und andere Forschende. Das sieht auch der Radiologe Prof. Dr. Uwe Fischer so: „Viele Studien zeigen, dass bei dichtem Brustgewebe in der Mammographie die Hälfte der Tumore nicht entdeckt werden, die in einer MRT auffindbar sind.“

Der große Nachteil der MRT: Die Krankenkasse zahlt sie als Screening-Methode nicht, schon deshalb ist sie nicht allen Frauen zugänglich. Abgesehen davon seien in Deutschland längst nicht genügend MRT-Geräte für eine flächendeckende Versorgung vorhanden, sagt Fischer.

Eine technische Weiterentwicklung der Mammographie ist die Digitale Tomosynthese. Dabei werden Schichtaufnahmen der Brust erzeugt, wodurch deutlichere Bilder als bei der Mammographie entstehen. An die Genauigkeit der MRT kommt aber auch diese Methode nicht heran, und sie ist ebenfalls keine Kassenleistung.

Dazu kommt: Bei Mammographie und Tomosynthese können die Röntgenstrahlen selbst in seltenen Fällen Brustkrebs auslösen. Allerdings ist die Strahlendosis sehr niedrig. „Insbesondere bei älteren Frauen wird das Erkrankungsrisiko durch die Strahlenbelastung als sehr gering eingeschätzt“, sagt Antje Lebrecht.

Fazit: Fachgesellschaften raten zur Mammographie

Die Mammographie ist also nicht perfekt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und medizinische Fachgesellschaften empfehlen dennoch ein Screening und werten den Nutzen deutlich höher als die Risiken. Dem schließen sich auch Antje Lebrecht, Christiane Kuhl und Uwe Fischer an – immerhin werden Frauen vor einem Tod durch Brustkrebs bewahrt.

Kuhl betont allerdings: „Die Mammographie oder die Tomosynthese sind eine gute Basis der Früherkennung. Bei vielen Frauen reichen sie aber nicht aus, um dafür zu sorgen, dass Brustkrebs nicht mehr die häufigste Krebs-Todesursache bei Frauen ist.“ Generell sollte das individuelle Erkrankungsrisiko wie genetische Faktoren und die Dichte des Brustgewebes viel stärker berücksichtigt werden. Uwe Fischer schlägt einen dualen Weg vor: „Die optimale Versorgung wäre eine MRT für Frauen mit dichtem Brustgewebe und eine Mammographie für alle anderen.“

Brust-Querschnitt (Schematische Darstellung, Sagittalschnitt)

Brustkrebs (Mammakarzinom)

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frau. Informationen zu Anzeichen, Risikofaktoren, Diagnose und aktuellen Therapien. zum Artikel


Quellen:

  • Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie Kommission Mamma: Brustkrebs. Leitlinien und Empfehlungen: Früherkennung und Diagnostik. Online: https://www.ago-online.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)
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  • Deutsches Krebsforschungszentrum (Krebsinformationsdienst): Tomosynthese der Brust: Was ist das eigentlich?. Online: https://www.krebsinformationsdienst.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)
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  • Cardoso, R. et al. : Breast cancer screening programmes and self-reported mammography use in European countries.. Int J Cancer: https://onlinelibrary.wiley.com/... (Abgerufen am 05.10.2023)
  • dkfz: Brustkrebs-Früherkennung: Mammographie-Screening und Abtasten . Online: https://www.krebsinformationsdienst.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)
  • Kooperationsgemeinschaft Mammographie in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung : Mammographie-Screening-Programm: , Fragen zum Mammographie-Screening. Online: https://stage.mammo-programm.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)